Die Künstlerin Aina Palm veröffentlicht seit über fünf Jahren ihren Webcomic »Idiots Don’t Catch Colds« und bietet seither zahlreichen Fans eine mitreißende und unterhaltsame Geschichte. Wir haben die erfolgreiche Künstlerin gefragt, ob sie sich unseren Fragen stellen möchte.
Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen des Interviews.
Interview mit Aina Palm
Manga2You: Hallo Aina. Danke, dass du dir die Zeit für das Interview mit uns nimmst! Magst du dich für die Leser vorstellen, die dich noch nicht kennen?
Hallo! Vielen Dank für die Gelegenheit. Ich bin eine deutsch-schwedische Webcomic-Autorin und -Zeichnerin. Seit 2015 arbeite ich an meinem ersten Manga »Idiots Don’t Catch Colds«. Ich wohne hauptsächlich in Schweden, fahre aber oft nach Deutschland zu Besuch.
Eine einfache Frage zum Warmwerden: Was war dein erster Manga und/oder dein erster Anime?
Mein erster Anime war »Sailor Moon« und kurz darauf verliebte ich mich, wie alle anderen 90er-Schulkinder, in »Pokémon«. Damals war mir aber nicht bewusst, was das eigentlich für Serien waren, da in Schweden die Anime-Szene so gut wie nicht existierte. In dieser Hinsicht bin ich wirklich froh, halb Deutsche zu sein, denn durch RTL II habe ich erst so richtig die Welt von Anime kennengelernt.

Wie bist du zum Zeichnen gekommen und seit wann zeichnest du? Was hat dich inspiriert, damit anzufangen und was inspiriert dich heute?
Ich muss zugeben, dass das Zeichnen nicht immer meine größte Leidenschaft war. Mir bereitete es zwar Spaß, aber ich zeichnete hauptsächlich während des Unterrichts, wenn mir langweilig war. In den letzten Jahren auf dem Gymnasium habe ich Kunst als Fach sogar abgewählt! Das Zeichnen an sich vermisste ich erst nach dem Abitur und griff dann erneut zu Papier und Stift. Für mich ist Zeichnen ein Mittel, um Geschichten zum Leben zu erwecken, und das war schon immer meine Hauptinspirationsquelle. Ich sage immer: An erster Stelle bin ich Autorin und an zweiter Stelle bin ich Zeichnerin.
Zeichnest du analog oder digital? Vielleicht auch beides? Welche Vorteile ergeben sich da für dich? Hast du auch ein paar Tipps für Anfänger, die mit dem Zeichnen von Manga starten wollen?
Ich zeichne hauptsächlich digital, weil es in vieler Hinsicht einfach praktischer ist – vor allem die 3D-Modelle. Als Comic-Zeichnerin suche ich immer nach Shortcuts, um die Arbeit einfacher und schneller zu erledigen, da man immer unter einem gewissen Zeitdruck steht. Meine Storyboards erstelle ich aber analog, da ich das Gefühl habe, eine bessere Übersicht zu bekommen. Zudem ist das für mich eine sehr angenehme Pause, da ich mal ausnahmsweise nicht auf einen Bildschirm starren muss.
Manchmal fällt es mir auch leichter gewisse Gesichtsausdrücke analog zu zeichnen, da es doch ein anderes Gefühl ist, mit Bleistift auf Papier zu arbeiten und da habe ich auch meine »Wurzeln«. Mit dem digitalen Zeichnen habe ich recht spät angefangen. Ich denke, wenn man neu ist, reicht zum Üben erst einmal der Bleistift und das Papier aus. Nachdem man die Grundlagen beherrscht, kann man langsam auf das digitale Zeichnen umsteigen. Das teuerste Grafiktablett muss man sich auch nicht gleich kaufen, die einfachen Modelle reichen für den Anfang völlig aus.
Welche Künstler sind deine Vorbilder? Hast du vielleicht welche aus Japan oder Deutschland?
Als Teenager waren Rumiko Takahashi und Maki Murakami große Vorbilder für mich, aber letztendlich hinterließ doch Masashi Kishimoto mit »Naruto« den größten Eindruck bei mir. Mir gefiel es, dass er nicht so übergroße Augen zeichnete und überhaupt sahen die Proportionen etwas realistischer aus, als ich es bis dahin gewohnt war. Heutzutage habe ich aber andere Vorbilder und bin vor allem von einigen koreanischen Comic-Zeichnern beeindruckt.

Du bist die Schöpferin der Geschichte »Idiots Don’t Catch Colds«. Worum geht’s da eigentlich? Für welche Leser würdest du die Geschichte empfehlen?
Im zweiten Jahr der Oberstufe landet Souta ausgerechnet in derselben Klasse wie Nao, einem arroganten Jungen, der allen die kalte Schulter zeigt – vor allem Souta. Wann immer die beiden aufeinandertreffen, fliegen die Fetzen. Eines Tages haben die Lehrer die Nase voll davon und verdonnern die beiden Jungs zu einer gemeinsam Schulaufgabe, damit die zwei Streithähne lernen miteinander auszukommen.
Souta kann sich nicht wirklich vorstellen, dass das gut laufen soll, aber als die beiden gezwungenermaßen mehr Zeit miteinander verbringen, nähern sie sich an und erkennen bald, dass hinter der Fassade des einzelnen noch mehr steckt als gedacht.
»Idiots Don’t Catch Colds« ist eine romantische Boys-Love-Highschool-Komödie und eignet sich besonders gut für Leser, die gerne »Enemies to Lovers« lesen, wo sich Beziehungen langsam, aber tiefgründig entfalten dürfen.
Wie bist du auf die Idee gekommen? Seit wann erscheint deine Geschichte und wo kann man diese lesen?
Es ist die Geschichte, die ich immer lesen wollte, aber nicht finden konnte. Das klingt etwas komisch, wenn man bedenkt, wie simpel die Handlung auf den ersten Blick ist, und doch fallen mir nur wenige Beispiele ein, die meinem Comic ähneln. In Japan sind die Genres recht streng aufgeteilt und das fand ich etwas schade, da ich nach einer Art Mischung von meinen Lieblingsgenres suchte.
Ich liebe Romantik, aber in Shōjo oder Boys Love geht es oft zu schnell zur Sache und ich habe selten das Gefühl, dass die Figuren echte Gefühle füreinander haben. In Shōnen hingegen lassen sie sich oft Zeit, richtige Beziehungen aufzubauen, aber die sind dann fast immer platonisch.
»Idiots Don’t Catch Colds« soll das Beste aus beiden Welten verbinden. Ich veröffentliche meine Geschichte seit 2017 und biete diese auf Webtoon und Tapas an. Bei Patreon kann man meine Geschichte sogar im Voraus lesen.
Wie bist du das Projekt bei der Umsetzung angegangen? Was war dir wichtig?
Mir war von Beginn an wichtig, die Figuren interessant zu gestalten. Auch wenn ich am Anfang nicht alles bis ins Detail geplant hatte, wusste ich, dass ich wenigstens meine Figuren ordentlich im Griff haben musste. Die Story wird hauptsächlich von den Charakteren vorangetrieben und deshalb habe ich großen Wert darauf gelegt, mir ihre Hintergründe auszudenken, was sie vorantreibt oder verunsichert.
Als ich das wusste und mir grob überlegte, wo die Geschichte hinsoll, fühlte ich mich genug gewappnet, um die ersten Kapitel zu zeichnen. Dabei muss ich betonen, dass ich damals nur eine grobe Übersicht von dem hatte, was alles passieren sollte, und viele Sachen sind mir erst während des Zeichnens eingefallen. Je mehr ich meine Figuren kennenlernte, stellte ich fest, welche Ideen nicht mehr passen und was sich besser eignen würde. Das ist immer noch ein fortlaufender Prozess.

Was fällt dir beim Zeichnen von »Idiots Don’t Catch Colds« und im Allgemein einfach und schwer?
Ich fand es schon immer schwer, die Fußball-Szenen zu zeichnen. Inzwischen habe ich mich verbessert, aber es fällt mir immer noch schwer, die Spiele zu planen und dynamisch zu gestalten. Hintergründe sind auch nicht so ganz meins, aber zum Glück kann ich auf 3D-Modelle zurückgreifen. Das erleichtert einiges, vor allem, da meine Schwester Erfahrung in dem Bereich besitzt und mich manchmal dabei unterstützt.
Am einfachsten fällt es mir, Gesichtsausdrücke zu zeichnen. Das ist zwar nicht immer leicht, aber es macht mir Spaß, daran zu feilen, da ein gelungener Gesichtsausdruck so viele Emotionen vermitteln kann. Dazu passt wirklich das Sprichwort »Ein Bild sagt mehr als tausend Worte« und ist auch der Grund, wieso ich lieber Comics zeichne als Romane schreibe.
Souta (Spitzname Genki) ist ein Sympathieträger, den man schnell ins Herz schließt. Nao ist eher distanziert und geheimnisvoll. Wie sind diese beiden Figuren entstanden? Gibt es einen Grund, weshalb die zwei so gegensätzlich sind?
Für mich war es von Anfang an klar, dass Souta und Nao Gegensätze voneinander sein müssen. Die ganze Story baut darauf auf, dass sie sich aufgrund ihrer Gegensätze nicht leiden können und trotzdem an dem anderen das bewundern, was sie selber nicht haben. Das erzeugt Frust und Eifersucht, aber wie gesagt auch Bewunderung und letztendlich Liebe.
Als ich mir Souta und Nao ausdachte, überlegte ich mir ganz bewusst, was für Stärken und Schwächen sie haben sollten und wie sie sich komplementieren könnten. So ist Souta von vielen Freunden und seiner Familie umgeben, jedoch schlecht in der Schule, während Nao ein Einzelgänger ist, dem das Lernen aber leicht fällt. Da erkennt man gleich den Konflikt und wie sich daraus eine Geschichte entfalten könnte. Außerdem bereiten mir solche Geschichten Spaß, da man als Leser dann immer extra gespannt ist zu erfahren, wie in aller Welt sich diese zankenden Figuren mal verlieben könnten.
Eine Frage zum Spitznamen von Souta: War die Anspielung auf den Titel eine gewollte Idee oder kam dir diese spontan in den Sinn?
Das war eine gewollte Idee, da ich einen Grund suchte, den Comic überhaupt »Idiots Don’t Catch Colds« zu nennen. Als ich mir den Titel aussuchte, wollte ich unbedingt etwas, das ins Auge fällt und Interesse weckt. Ich habe mir alles Mögliche überlegt und landete irgendwann bei »Idiots Don’t Catch Colds«. Ich war noch nicht so weit in der Planung und es gab noch viel Spielraum für Veränderungen, also habe ich die Gelegenheit genutzt und Souta eine Hintergrundgeschichte gegeben, die an den Titel anknüpft.
Im Nachhinein bin ich echt froh, dass es so kam, denn es hat Souta die Tiefe gegeben, die seine Figur unbedingt brauchte und ohne den Titel wäre ich wahrscheinlich nie darauf gekommen.

Deine Charaktere sind facettenreich. Als Leser fühlt man mit beiden Protagonisten mit. Auch die Nebenfiguren sind gut ausgearbeitet. Die Dramaturgie wird von dir ideal inszeniert. Fiel dir die Umsetzung schwer?
Danke, das freut mich total zu hören! Ob mir die Umsetzung schwerfiel, ist nicht leicht zu beantworten. Auf der einen Seite nein, da ich von Anfang an eine klare Vorstellung hatte, was für Figuren ich schreiben wollte. Ich hatte so viele Jahre davor damit verbracht, viele Mangas zu lesen und wusste deshalb genau, was mir gefällt und worauf ich hinaus war. Gleichzeitig war es aber auch nicht unbedingt einfach, da es für mich doch etwas dauerte, meine eigene Stimme zu finden.
Am Anfang lehnte ich mich zu sehr zurück auf die Welt von Manga und das verursachte, dass die Figuren etwas platt und zu stereotypisch ausfielen. Erst als ich mir mehr Inspiration von der Wirklichkeit holte, konnten sie sich organisch entwickeln und wurden facettenreich. Diese Transition passierte ganz natürlich, ohne dass ich groß darüber nachdachte, aber es hat schon etwas gedauert.
Beim Lesen deiner Geschichte ist uns ein Zensur-Hinweis aufgefallen. Wie weit schränkt dich Tapas bei deiner künstlerischen Freiheit ein? Was darf man auf der Plattform nicht zeichnen und warum veröffentlicht du deine Geschichte auf dieser?
Bei Tapas war früher sehr viel erlaubt, aber ich denke, da sie jetzt ein anderes Geschäftsmodell verfolgen, sind sie als Seite mehr eingeschränkt mit dem, was sie uns Künstlern durchgehen lassen können. Bei Gewalt bin ich mir nicht sicher, wo die Grenze ist, aber Nacktheit sollte man am besten ganz vermeiden. Ich musste zum Beispiel eine Duschszene zensieren, wo meine männlichen Figuren nackte Oberkörper zeigten. Zum Glück fühle ich mich bisher noch nicht sonderlich eingeschränkt, da mein Manga doch recht harmlos ist. In zukünftigen Kapiteln stelle ich es mir eventuell doch etwas schwieriger vor, aber zum Glück wird man immer die unzensierte Version auf meinem Patreon finden.
Ich veröffentliche meine Geschichte auf Tapas, weil mir die Seite gut gefällt und inzwischen recht viele Leser dort meine Geschichte verfolgen. Sie haben auch ein gutes System für »Early Access«. Meine Leser können sich Werbung anschauen oder Spiele spielen, dadurch Punkte sammeln und sie eintauschen, um ein paar Folgen im Voraus zu lesen. Somit können mich auch die Leser unterstützen, die nicht unbedingt das Geld haben oder ausgeben wollen, um sich bei Patreon anzumelden.
In einem anderen Kapitel fiel uns eine Trigger-Warnung auf. Warum hast du dich dafür entschieden und wie wichtig ist aus deiner Sicht eine Inhaltswarnung?
Das mit Trigger-Warnungen ist ein schwieriges Thema. Auf der einen Seite können sie hilfreich sein, um Menschen unnötige Emotionen zu ersparen, auf der anderen Seite fürchte ich, können sie manchmal das Gegenteil erreichen. Das Wohl meiner Leser liegt mir natürlich am Herzen und da einige Themen in meiner Geschichte doch sehr ernst sind, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass eine Warnung angebracht wäre. Man muss einfach bewusst überlegen, wann eine Warnung wirklich sinnvoll wäre und da hat jeder wohl eine unterschiedliche Auffassung.

Worauf dürfen sich die Leser bei »Idiots Don’t Catch Colds« noch alles freuen? Möchtest du uns da schon ein paar Kleinigkeiten verraten?
Die Leser können sich noch auf vieles freuen! Wir stehen kurz vor einem wichtigen Wendepunkt und danach wird sich so einiges verändern, vor allem auf der romantischen Ebene. Wir werden einer neuen Figur vorgestellt, die einiges auf den Kopf stellen wird.
Hast du das Ende von »Idiots Don’t Catch Colds« bereits vor Augen oder steht das noch nicht fest? Wie lange wird deine Geschichte noch gehen?
Ja, ich weiß ungefähr, wie die Geschichten enden soll, wobei sich noch einiges ändern könnte, bis es so weit ist. Ich denke, dass wir schon bei über der Hälfte der Geschichte sind, aber es gibt noch sehr viel zu erzählen.

Im Freibeutershop gibt es zwei Bände zu »Idiots Don’t Catch Colds« auf Englisch zu kaufen. Wird es noch weitere Bände geben? Ist auch eine deutsche Veröffentlichung geplant?
Ich bin gerade dabei, den dritten und vierten Band für die Druckerei vorzubereiten. Danach werden garantiert noch weitere Bände erscheinen. Zurzeit plane ich keine deutsche Version, bin dem aber aufgeschlossen.
Wie kann man dich eigentlich unterstützen? Auf welchen Social Media Plattformen bist du unterwegs?
Am besten unterstützt man mich, indem man meinen Comic liest. Vor allem auf Patreon, aber auch gerne auf Webtoon oder Tapas, wo man meinen Comic umsonst lesen kann. Ich freue mich über jeden Kommentar und bin überhaupt dankbar, dass so viele Menschen mein Werk verfolgen. Wer mir auf Social Media folgen möchte, findet mich auf Twitter und Instagram.
Worauf dürfen sich die Leser in Zukunft noch freuen? Gibt es da von deiner Seite aus schon Pläne für die Zeit nach »Idiots Don’t Catch Colds«?
Ich bin die ganze Zeit am überlegen, was ich als Nächstes zeichnen möchte. Ich habe viele Ideen, bin aber noch unentschlossen, für welche ich mich entscheiden soll. Bin etwas hin- und hergerissen zwischen einer Sci-Fi- und einer Fantasy-Geschichte. Egal welche Geschichte es am Ende auch sein wird, man kann sich schon auf eine neue Liebesgeschichte freuen, wo die Figuren und ihre Beziehungen im Zentrum stehen werden.
Unsere SM-Frage: Wenn du wählen müsstest: Snickers oder Mars?
Snickers glaube ich, aber ehrlich gesagt mag ich weder das eine noch das andere sonderlich gern, haha.
Möchtest du den Lesern dieses Interviews noch etwas mit auf den Weg geben?
Ich möchte mich für die Aufmerksamkeit bedanken! Falls sich einer meinen Comic anschauen möchte, dem wünsche ich noch viel Spaß beim Lesen. Bleibt gesund!
Vielen Dank für das interessante Gespräch!


Aina Palm
Kurzvita
Aina Palm ist eine deutsch-schwedische Webcomic-Autorin und ‑Zeichnerin. Bekannt ist die Künstlerin für ihre erste Eigenproduktion »Idiots Don’t Catch Colds«, an der sie seit 2015 arbeitet. Ihre Publikation wurde auf Tapas bereits über 19,8 Millionen Mal und auf Webtoon über 58,3 Millionen Mal aufgerufen. Du kannst ihre Geschichte kostenlos auf Tapas oder Webtoon lesen. Auf Social Media ist Aina Palm anzutreffen und freut sich über jeden neuen Leser und jede Unterstützung.