Anmerkung: Dieser Artikel umfasst nur den ersten Sammelband von »Blue Spring Ride«.
In der mitreißenden Shōjo-Reihe »Blue Spring Ride« (jap.: »Ao Haru Ride«) sehnt sich die junge Schülerin Futaba nach ihrer bittersüßen ersten großen Liebe und befindet sich zudem noch in der Phase der Selbstfindung. Der Manga stammt aus der Feder von Io Sakisaka und kam von 2011 bis 2015 im »Bessatsu Margaret«-Magazin von Shūeisha heraus und ist mit dreizehn Bänden abgeschlossen. Seit August 2022 bringt TOKYOPOP die Geschichte in einer 2in1-Neuausgabe auf den Markt.
Ein Neuanfang mit der ersten großen Liebe?
Die Schülerin Futaba war in der Mittelschule ein liebes und zurückhaltendes Mädchen. Von den meisten damaligen Schulkameradinnen wurde sie aufgrund ihres Verhaltens ausgegrenzt. Eigentlich mag sie keine Jungs, doch bei ihrem früheren Mitschüler Tanaka war es anders. Sie war in ihn verliebt, doch konnte sie ihm nie ihre Gefühle gestehen. Tanaka verschwand eines Tages spurlos und lies Futaba zurück. Nun in der Oberschule angekommen, möchte sie sich viel weniger »mädchenhaft« verhalten und sich von ihrem früheren Ich distanzieren.

»Das ist jetzt eine alte Geschichte.« – Doch trifft Futaba auf ihrer neuen Schule wieder auf Tanaka, der inzwischen einen anderen Namen trägt. Tanaka gesteht ihr, dass er früher ebenfalls Gefühle für sie hatte. Diese Gefühle könne er aber nicht mehr erwidern, da er jetzt eine andere Person ist. Tanaka hat sich in dieser Zeit komplett verändert und selbst Futaba scheint ihn kaum noch wiederzuerkennen. Was ist bei ihm bloß vorgefallen?
Das Spiel mit der Nostalgie
Io Sakisaka besitzt eine sehr unkonventionelle Art, ihrer Geschichte Ausdruck zu verleihen. Inmitten dieser eigentlich doch oftmals recht generisch wirkenden Shōjo-Geschichte verpackt die Künstlerin nicht nur ihre eigenen Gedanken, sondern auch Erlebnisse und Gefühle, die sie zu dieser Geschichte inspirierten. Von kleinen Randnotizen bis hin zu komplett gefüllten Seiten im Manga schafft sie es genau durch diese Erzählweise aus dem Werk etwas Besonderes zu machen. Denn genauso wie Futaba als Charakter in ihrem »neuem« Leben von der Vergangenheit und der Nostalgie an etwas Schönem gefesselt ist, so weckt das Zusammenspiel zwischen eigentlicher Handlung und der Einblicke in das Leben von Io Sakisaka bei mir als Leser ebenfalls viele nostalgische Gedanken.
Die Stärke von »Blue Spring Ride« liegt für mich hier demnach klar in der Erzählweise der Autorin und gleichzeitig aber auch in den verschiedenen Charakteren. Diese besitzen oftmals gänzlich unterschiedliche Tiefen und haben ihre eigenen Konflikte zu bewältigen. Während wir uns bei Tanaka permanent fragen, was genau mit ihm in den drei Jahren der Abwesenheit passiert ist, blicken wir gespannt darauf, wie Futaba versucht, sich selbst in der Oberschule zu finden. Sie möchte Anerkennung und Freundschaften schließen. All das, was sie vorher nie hatte. Gleichzeitig realisiert sie, dass all dies nicht der Wahrheit entspricht, wenn sie sich dafür verstellen muss. Sie weiß eben selbst nicht genau, wer oder was sie eigentlich sein möchte. Als junges Mädchen, das in ihrem Leben zwischen vergeblicher Liebe, dem Wunsch nach Anerkennung und Alleinsein pendelt, ist es auch nur verständlich.
»Zurück in die Zeit, in der ich am glücklichsten war.«

Futaba hängt so sehr an ihrer Vergangenheit, dass sie sich selbst darin vergisst. Sie kann es anfangs nicht verstehen, dass Tanaka sich verändert hat. Einerseits sehnt sie sich zurück in diese Zeit, um gemeinsam mit dem damaligen Tanaka zu leben. Andererseits möchte sie nicht mehr das schüchterne und brave Mädchen von damals sein. »Blue Spring Ride« zeigt perfekt auf, wie schön und gleichzeitig auch wie verzweifelnd Nostalgie sein kann.
Mabuchi, der neue Tanaka
Das erneute Wiedersehen mit ihrer damaligen Liebe, Tanaka, verändert Futaba jedoch Stück für Stück. Sie fängt an, ihre Wohlfühlzone zu verlassen, traut sich viel mehr zu und versucht zumindest ehrlich zu sich selbst zu sein. In ihrer Schulkameradin Yuri sieht sie ihr eigenes Ich aus der Mittelschule. Sie wird von allen für ihr auftreten gemieden, doch Futaba kann sie verstehen. So nähern die beiden sich nach und nach an. Trotzdessen das Futaba ihr Ansehen bei den meisten Mitschülern verliert, entwickelt sich zwischen ihr und Yuri eine gewisse Freundschaft. Auch innerhalb ihrer Klasse möchte sie etwas bewirken und tritt als Schülersprecherin an. Eine durchaus gelungene Entwicklung, bedenkt man, wie unsicher und schüchtern Futaba zu Beginn war. Doch tut sie das alles für sich selbst oder doch nur wegen Tanaka?
»Ich war auch in dich verliebt.« – Tanaka gesteht Futaba seine damalige Liebe für sie. Doch all das liegt nun in der Vergangenheit. Mabuchi, wie Tanaka inzwischen genannt werden möchte, ist kaum noch vergleichbar mit der Person, in die Futaba damals verliebt war. Wir haben als Leser keinen Einblick in seine Gedanken, dennoch verstehen wir, dass in dieser Zeit etwas Gravierendes mit ihm passiert sein muss. Die aktuelle Beziehung zwischen den beiden könnte man auch klassisch als »es ist kompliziert« bezeichnen. Zwar behaupten beide, dass sie aktuell keine Gefühle füreinander haben, doch so wirklich glauben tut man es ihnen nicht. Tanaka wirkt im ersten Moment so, als wäre ihm alles gleichgültig. Er wirkt sehr kalt zu Futaba. Wenn Futaba jedoch Hilfe braucht, ist er meist auch zur Stelle.
»In meinem Kopf gibt es viele Dinge, mit denen ich noch nicht abgeschlossen habe!«

Futaba selbst versucht immer wieder Tanaka zur Rede zu stellen. Man merkt, wie schwer es ihm fällt, über die Vergangenheit zu sprechen, dennoch entschuldigt er sich bei Futaba dafür, dass er damals nicht beim Sommerfest auftauchte. Trotz einer kalten Mauer, die zwischen den beiden steht, nähern sie sich mit der Zeit wieder an. Tanaka erkennt, dass Futaba mit der Vergangenheit zu kämpfen hat. Ebenso erkennt Futaba, dass Tanaka sehr viel durchmachen musste. Als Leser hatte ich unheimlich viel Spaß dabei, genau diesen Konflikt zu verfolgen. Ein mitreißendes hin und her. Und auch wenn ihre aktuelle Situation suboptimal erscheint, versteht man, dass zwischen den beiden irgendwo noch eine besondere Verbindung besteht.
»Blue Spring Ride« spielt auf eine sehr angenehme Art und Weise mit der Beziehung der beiden Protagonisten. Dabei kommt gerade die Erzählstruktur der Autorin zum Vorschein und macht für mich diesen Titel zu einem besonderem. Für meinen Geschmack ein mehr als gelungener Einstieg in die Shōjo-Reihe »Blue Spring Ride«, die definitiv Lust auf mehr macht.

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