Mit der papertoons GmbH dürfen sich die hiesigen Leser auf einen deutschen Verlag freuen, der die angesagtesten neuen Webtoons aus Korea und dem Rest der Welt in wunderschönen Print-Editionen publizieren möchte. Wir haben den beiden Gründern Lea Heidenreich und Michael Schuster einige Fragen über ihr Unternehmen gestellt und dabei interessante Antworten erhalten.
Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen des Interviews.
Interview mit Lea Heidenreich und Michael Schuster
Manga2You: Hallo Lea, hallo Micha! Danke, dass ihr euch die Zeit für das Interview nehmt. Möchtet ihr euch beide kurz für unsere Leser vorstellen?
Micha: Hi, ich bin Micha und falls ihr mich kennt, dann sicher von Manga Cult, wo ich mich um das Programm, die Lizenzen und auch verschiedene Interviews etc. gekümmert habe. Und dasselbe mach ich am Ende auch bei papertoons – zusammen mit Lea.
Lea: Hallo! Ich bin Lea! Ich habe seit 2018 bei Manga Cult die Redaktionsarbeit gemacht, und nebenbei noch die Social-Media-Auftritte betreut. Micha und ich haben außerdem gemeinsam die Lizenzen für das Programm ausgesucht. Wir haben uns da schon immer gut ergänzt.
Ihr beide wart vorher als Programmleiter bei Manga Cult beschäftigt. Wie startete bei euch eigentlich die Arbeit/Karriere in einem Verlag?
Lea: Ich habe Germanistik, Anglistik und Japanologie studiert. Während meines Studiums hatte ich das riesige Glück, ein Lektoratspraktikum bei Klett-Cotta und der Hobbit Presse machen zu dürfen. Da hat es sofort geklickt. Nach den ersten paar Hobbit-Filmbüchern, die ich dort betreut habe, war mir klar, dass ich unbedingt in der Verlagswelt bleiben will. Ich habe dann erstmal lange freiberuflich lektoriert, nicht nur für Klett Cotta, sondern auch andere Verlage wie Diogenes. Da ich privat aber schon immer ein großer Mangafan war, passte für mich bei Manga Cult dann einfach alles zusammen. Jetzt etwas Neues zu starten ist aber definitv noch mal aufregender als alles andere zuvor.
Micha: Oh, das ist eine recht lange Geschichte – aber die Kurzfassung ist: nach einem brotlosem Studium der Japanologie habe ich zum Glück relativ schnell erkannt, dass man sich mit halbgaren Japanischkenntnissen relativ schlecht über Wasser halten kann. Zufällig habe ich dann ein Praktikum bei Panini angefangen, wo ich mich vor allem um die Mega Hiro (falls die noch jemand kennt) und Pokémon gekümmert habe. Als ich dort kein Volontariat machen konnte, zog ich zu Blue Ocean weiter, wo ich auch Magazine für Kinder gemacht habe – Playmobil, Power Rangers, Bakugan und zuletzt alles, was in irgendeiner Form mit LEGO zu tun hatte. Sieben Jahre später bin ich zu Cross Cult weitergezogen. Da hat sich also das eine aus dem anderen ergeben und die gesammelte Erfahrung hat mich immer etwas weitergebracht.
Euer Angestelltenverhältnis habt ihr aufgegeben und mit der Gründung der papertoons GmbH den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Wie kam es dazu? Wie verlief die Planung und Umsetzung?
Lea: Ganz ehrlich? Wir haben einfach immer wieder davon geträumt, wie es wäre, einen eigenen Verlag zu gründen. Wir haben ja bei Manga Cult schon gesehen, wie viel Spaß es machen kann, so etwas aufzubauen, auch wenn es natürlich harte Arbeit ist. Und als Manga Cult 2021 mit dem Erfolg von Demon Slayer so gut da stand, schien einfach der perfekte Zeitpunkt gekommen, um sich einem eigenen Projekt zu widmen.
Micha: Die Planung war eigentlich ganz klassisch. Man macht sich Gedanken, was man eigentlich verkaufen will, warum und an wen, schreibt komplexe Business- und Releasepläne, stellt die seinem Investor vor, bessert aus, passt an und wenn sich am Ende alle einig sind, wird gegründet.
Lea: Und in der Planungsphase sind wir ja letztendlich heute noch – unser Startprogramm ab Januar steht zwar inzwischen, aber es gibt immer noch wahnsinnig viel zu tun, Pläne aufzustellen, Kontakte herzustellen etc. Das wird uns jetzt dauerhaft begleiten.

Eurer Fokus liegt bei Webtoons aus Korea und dem Rest der Welt. Wie kommt es speziell zu diesem Schwerpunkt? Liegt es unter anderem an dem Erfolg der Titel, wie man es bei anderen Verlagen beispielsweise mitbekommt?
Lea: Ein Grund war, dass wir etwas Neues machen wollte, das nicht in unnötiger Konkurrenz zu Manga Cult steht – auch wenn wir unsere Kontakte nach Japan natürlich sehr vermissen. Ein klarer Fokus tut uns als jungem Unternehmen auf alle Fälle gut, da wir so unsere Vision viel besser kommunizieren können.
Micha: Und klar hat das auch mit dem Erfolg zu tun. Die Webtoons, die bisher vor allem bei altraverse erschienen sind, und das Feedback auf unseren Launch in den letzten zwei Wochen zeigen deutlich, dass bei den deutschen Lesern großes Interesse besteht.
Wird es bei euch keine Manga geben? Falls nicht, wieso?
Lea: Wir würden das niemals kategorisch ausschließen. Wir beobachten auf jeden Fall, wie der Markt sich in Japan entwickelt, denn auch dort kommen Webtoons ja gut an. Vorerst sind bei uns aber tatsächlich keine japanischen Lizenzen geplant.
Micha: Letztendlich muss sich nur eine passende Gelegenheit ergeben, und dann kann es unter der papertoons-Flagge sicherlich auch mal Veröffentlichungen aus Japan geben. Aber es müssen schon Titel sein, die zu uns passen.
Einen bunten Genre-Mix habt ihr ja bereits angekündigt. Worauf genau dürfen sich die deutschen Leser denn freuen? Eher Mainstream oder darf es auch ein bisschen Nische sein? Wie ist euer Konzept?
Lea: Wir planen auf jeden Fall kein zweites Manga Cult. Wir wollen schon vor allem die Titel machen, die auch viele Leser erreichen können, denn die Auswahl an spannenden, unveröffentlichten Titeln ist bei den Webtoons ja riesig. Vorerst bauen wir dabei auf drei Genres: Action, Romance und Boys Love/Girls Love.
Micha: Wo wir es aber wie Manga Cult halten werden ist: ein starkes Programm muss auch Platz für ein paar besondere Titel haben. Wir könnten nie ausschließlich Massenware bringen, das würde uns auf lange Frist gar keinen Spaß machen. Man kann also definitiv auch Fan-Lieblinge bei uns erwarten.
Mit wie vielen Titeln wird euer erstes Programm starten, falls ihr da schon einen kleinen Teaser mitgeben möchtet?
Lea: Unser allererstes Programm, das wir etwas vorgezogen schon im Januar 2023 starten wollen, wird aus vier Titeln bestehen, die alternierend und zweimonatlich erscheinen werden. Das bedeutet: Vier Lizenzankündigungen. Ab Januar je zwei Titel pro Monat im Handel. Ab April werden es dann ca. 4 Titel pro Monat sein.
Micha: Genau. Zusätzlich zu diesem »Startprogramm« wird dann im April 2023, also praktisch zur Buchmesse in Leipzig, das volle Programm starten. Mit welchen Titeln wir genau loslegen werden, können wir gerade leider noch nicht verraten. Es wird aber auf jeden Fall zwei separate Ankündigungen für das Launchprogramm ab Januar und das Frühjahrsprogramm ab April geben.
Wird es bei euch ein Standardformat geben? Oder entscheidet ihr das Format und die Aufmachung (z. B. Softcover, Hardcover, Cover-Veredelung etc.) je nach Titel?
Lea: Unsere Bücher werden ein Standardformat von 14 x 21 cm haben, ähnlich wie bei Manga Cult oder auch den meisten Webtoons von altraverse. Das große Format macht bei dem großflächig angelegten Layout, das die meisten Webtoons mit sich bringen, einfach Sinn. Und grundsätzlich veröffentlichen wir im Softcover.
Micha: Hardcover und sonstige Coververeldungen wird es sicher auch geben – dann aber für Webshop- oder messeexklusive Limited Editions. Und ja, die Limited Editions werden es sicher in der einen oder anderen Form auch mal in den normalen Comichandel schaffen.
Könnt ihr schon verraten, in welcher Preisspanne eure Veröffentlichungen liegen werden?
Lea: Ja, der Preis wird in der Regel bei 16 Euro liegen – für ein Buch von ca. 300 Seiten in Vollfarbe. Je nach Titel wird es aber sicherlich auch mal dünnere Bände geben, oder preiswertere Ausgaben, vor allem dann, wenn wir mal einen schwarz/weißen Titel bringen. Da sowas von Titel zu Titel entschieden wird, werden die zukünftigen Programme sicher ein wenig Variation mit sich bringen.
Sind auch E-Books geplant?
Lea: Nicht wirklich. Wenn wir die digitale Lizenz zu einem Titel bekommen können, werden wir ihn auch digital veröffentlichen, aber unser Fokus ist das nicht.
Micha: Leider ist das mit den digitalen Rechten für Webtoons sehr schwierig. Die Lizenzinhaber wollen diese Rechte meist nicht herausrücken, da sie schon Pläne für einen europäischen Digitalrelease auf ihren eigenen Plattformen haben. Manchmal sind die Rechte auch einfach schon weg und die Titel schon bei Webtoon, Tappytoon, Tapas oder sonstwo lesbar.

Wie können euch die Fans Lizenzwünsche mitteilen? Wie sollten diese am besten aufgebaut sein? Bei welchen Inhalten würdet ihr von vornherein schon eine Lizenzierung ausschließen (z. B. aus moralischen Gründen)?
Lea: Eure Vorschläge könnt ihr uns sehr gerne schicken – dafür sind wir ja da! In welcher Form ist dabei eigentlich egal. Wir schauen uns alles an und nehmen jeden Tipp ernst. Schreibt uns einfach über Twitter, Instagram, Facebook oder auch per Mail.
Micha: Was dann am Ende veröffentlich wird, hat viel damit zu tun, wie wir die Verkäuflichkeit einschätzen und wie die Rechtelage aussieht, also ob eine Lizenz überhaupt zum Verkauf steht. Es gibt sicher auch ein paar moralischen Grenzen, die wir nicht überschreiten wollen, aber grundsätzliche haben wir keine rote Liste an Themen, die wir auf keinen Fall machen wollen.
Hayabusa veröffentlicht, sofern möglich, einige Manhwa (z.B. Boys-Love-Werke) in der unzensierten Fassung. Habt ihr so etwas auch vor, wenn sich die Möglichkeit ergibt? Wie steht ihr generell zu dem Thema Zensur?
Lea: Wir wollen nicht zensieren. Das wollten wir schon bei Manga Cult nicht und haben es so gut wie möglich vermieden. Es ist nicht unsere Aufgabe, unseren Lesern irgendwelche Moralvorstellungen aufzuzwängen. Aber, wie ich immer betone, auch wir unterliegen natürlich dem Gesetz, und manche Dinge druckt man halt nicht. Da geht es dann aber in der Regel weniger darum, wie explizit eine Sexszene ist, und eher um Themen wie Pädophilie. Da gibt es selbstverständlich keine Debatten.
Micha: Wenn wirklich mal so ein schwieriger Fall auftritt, kommen natürlich auch wir nicht um eine Zensur herum. Manchmal stellt sich vielleicht sogar eher die Frage, ob ein Titel überhaupt für den deutschen Markt geeignet ist. Aber von so Härtefällen wie in Leas Beispiel abgesehen bleiben wir dabei: Lieber einschweißen und eine Altersempfehlung oder Triggerwarnung draufkleben, als Inhalte entfernen.
Wird man euch bereits im kommenden Jahr auf einer oder mehreren Messen sehen?
Lea: Wenn es nach uns geht, definitiv. Wir wollen auf allen relevanten Messen sein und sind z. B. mit Leipzig und auch der AnimagiC bereits im Gespräch. Wir freuen uns schon, nach der langen Pause wieder mit allen ins Gespräch zu kommen!
Möchtet ihr zum Abschluss des Interviews den Lesern noch etwas mitteilen?
Micha: Das Feedback seit unserer Bekanntwerdung vor etwa zwei Wochen war so unglaublich positiv, dass ich an dieser Stelle eigentlich nur nochmal Danke sagen will. An alle, die sich für papertoons interessieren und vor allem auch an alle, die schon bei Manga Cult dabei waren, uns während der Pause nicht vergessen haben, und jetzt wieder euphorisch mit am Start sind. Wir versprechen, unser Bestes zu geben, um euch die tollsten Webtoons nach Deutschland zu bringen, und ein spannendes Programm zu basteln, mit dem am Ende alle zufrieden sind.
Lea: Dem kann ich mich nur anschließen. Wir freuen uns wahnsinnig darauf, euch unsere ersten Programme zu präsentieren, denn wie schon bei Manga Cult, steckt viel Liebe und Herzblut in unserer Arbeit! Wir wissen, dass ihr viele Fragen habt, und wir werden in den kommenden Wochen so viele davon wie möglich beantworten. Bleibt also bitte mit uns im Kontakt – wir sind ja selbst Teil der Fan-Community, und freuen uns daher immer über Fragen, Feedback und Titelwünsche. Vielen Dank für euren Support – und bis bald, wenn wir uns dann auf Messen und im Buchhandel wiedersehen! 🙂
Vielen Dank für das interessante Gespräch!


papertoons GmbH
Lea Heidenreich und Michael Schuster
Bei der papertoons GmbH handelt es sich um ein Unternehmen von Lea Heidenreich und Michael Schuster, die vorher bei Manga Cult als Programmleiter beschäftigt waren. Nun wagen die beiden Manhwa- und Mangafans den Schritt in die Selbstständigkeit und werden die angesagtesten neuen Webtoons aus Korea und dem Rest der Welt in wunderschönen Print-Editionen publizieren. Die ersten Veröffentlichungen sollen ab Januar 2023 auf den Markt kommen.
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